Eine Gruppe Jugendliche schaut gemeinsam in ein Handy.

Gewerkschaft in der Schule
GidS bringt Gewerkschaft ins Klassenzimmer

Schüler:innen erleben, was Gewerkschaften bewegen und warum sie auch heute unverzichtbar sind. Ein Projekt, das nicht nur Wissen vermittelt, sondern Haltung stärkt – und zeigt, wie Engagement Zukunft gestalten kann.

Am Anfang ist es oft still. Die Nacht war kurz, Projektwoche, neues Thema. Ein paar skeptische Blicke, manche noch müde. Dann wandert die erste Frage durch den Raum: Was ist euch im Leben wirklich wichtig? Früher hieß es „iPhone“ oder „AMG GT“, heute eher „Familie“, „Gesundheit“, „ein sicherer Arbeitsplatz“. Spätestens dann ist das Eis gebrochen und genau da setzt Gewerkschaften in den Schulen (GidS) an.

Seit 2008 engagiert sich das Team aus Sindelfingen dafür, Schülerinnen und Schülern der 8. oder 9. Klassen an Haupt-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen in der Region näherzubringen, was Mitbestimmung, Fairness und Solidarität im Arbeitsleben bedeuten. In circa sechs Schulstunden erleben die Jugendlichen Themen wie Arbeitswelt, Tarifvertrag und Gerechtigkeit nicht aus dem Lehrbuch, sondern aus der Realität. Statt Vorträgen stehen Diskussionen, Gruppenarbeiten und kleine Rollenspiele auf dem Plan – mit Fragen, die zum Nachdenken anregen: Was ist der Traumjob? Wo beginnt Fairness? Wie viel kostet ein gutes Leben? „Wir reagieren auf das, was in der Klasse passiert“, sagt IG Metall-Betriebsrätin Dimitra Koemtzidou. „Wenn Themen wie Mobbing, Flucht oder Inklusion aufkommen, nehmen wir uns Zeit. Gewerkschaft ist nicht nur arbeitspolitisch, sondern auch sozialpolitisch.“

Dass dabei viele Aha-Momente entstehen, spüren die ehrenamtlich engagierten Gewerkschafter unmittelbar. „Manche Schüler:innen sprechen uns Jahre später wieder an. Das zeigt, dass der Unterricht etwas bewegt“, erzählt IG Metall-Vertrauensmann Uwe Rau.

Lehrkräfte loben die anschauliche Vermittlung, die offene Atmosphäre und den Bezug zur Lebensrealität der Jugendlichen. Viele Schüler:innen äußern, sie hätten zum ersten Mal verstanden, wofür Gewerkschaften stehen und warum sie auch heute noch wichtig sind. „Manche starten später in die Ausbildung und sagen: ‚Das kenn ich schon, wo kann ich unterschreiben?' Das ist für uns das schönste Kompliment“, sagt Dimitra.

 

Ein Projekt mit Herzblut und Geschichte

Entstanden ist die Initiative in der IG Metall-Geschäftsstelle Stuttgart mit Kolleg:innen aus Wörth und Gaggenau. Kurz darauf folgte der Aufbau in Sindelfingen – heute die einzige aktive GidS-Gruppe in Deutschland. Seit der Gründung mit dabei sind Dimitra Koemtzidou und Uwe Rau, die das Projekt heute gemeinsam leiten. Sie haben die Koordination von ihrem ehemaligen Betriebsratskollegen Andreas Fricke, der GidS viele Jahre geprägt hat, übernommen.

„Wir sind stolz, dass wir bis heute bestehen und das rein ehrenamtlich“, bekräftigt Uwe. Rund 20 Kolleg:innen aus IG Metall-Betriebsräten und Vertrauensleuten gehören derzeit zum Team. Sie investieren ihre Freizeit, nehmen Urlaub oder Freischichten aus Überzeugung. „GidS ist unser Baby. Das macht man nur mit Herzblut“, ergänzt Dimitra.

Eine Besonderheit des Projekts ist das Patensystem: Jede Schule hat eine:n feste:n Ansprechpartner:in aus dem Team, die oder der den Kontakt hält, Termine koordiniert und den Unterricht begleitet. Oft werden die Ehrenamtlichen schon zu Beginn des Schuljahres fest eingeplant. „Einmal in der Schule, immer in der Schule! So läuft das meist.“, sagt Uwe. Nicht jede Schule kann allerdings besucht werden. Die Nachfrage ist groß, die Kapazitäten begrenzt. „Wir wollen keine Abstriche in der Qualität machen“, erklärt Uwe. „Lieber weniger Einsätze, dafür mit voller Präsenz und Leidenschaft.“

2025 steht erstmals seit 2019 wieder eine Jahresklausur an. Zeit, Erfahrungen zu teilen, Materialien zu überarbeiten und neue Mitstreiter:innen zu gewinnen. Denn Nachwuchs ist entscheidend, um das Projekt langfristig zu sichern. „Ich wünsche mir, dass GidS noch lange besteht und vielleicht auch wieder Nachahmer findet“, sagt Uwe. Corona, gesellschaftliche Umbrüche und globale Krisen haben die Themen in den Klassenzimmern verändert: Weg von rein materiellen Wünschen, hin zu sozialen Werten wie Zusammenhalt, Respekt und Sicherheit. „Für mich gibt es einen Satz, den ich immer mitgebe: Gemeinsam sind wir stark“, sagt Uwe. „Das funktioniert nicht am Handy. Man muss miteinander reden, sich engagieren und füreinander einstehen.“

So bleibt GidS auch nach 17 Jahren ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie gelebte Solidarität schon in der Schule beginnt und wie ehrenamtliches Engagement Zukunft gestaltet.


Das Team von GidS - Gewerkschaft in der Schule
Ansprechpartner*innen
Antonio Potenza
IG Metall Stuttgart

Antonio Potenza

Kassierer (Geschäftsführer)

+49 71116278 41

Bettina Rosenland
IG Metall Stuttgart

Bettina Rosenland

Mitgliederservice

+49 711 16278 33