36 Stunden Präsenz vor dem Werk „Zukunftsschicht“ bei Bosch Feuerbach

Seit den frühen Morgenstunden des 3. Dezembers harren in der sogenannten "Zukunftsschicht" die IG Metall Vertrauensleute und Beschäftigte vor dem Feuerbacher Boschstandorts aus.

"Zukunftsschicht" Bosch Feuerbach - Pressegespräch

4. Dezember 2025 4. Dezember 2025


Seit den frühen Morgenstunden (5.30 Uhr) des 3. Dezembers harren die IG Metall Vertrauensleute und Beschäftigte vor dem Feuerbacher Boschstandorts aus. Mit der sogenannten „Zukunftsschicht“, die bis in die Abendstunden des 4. Dezembers – 36 Stunden lang – andauert, zeigen die beteiligten Bosch-Beschäftigten ihren Unmut gegenüber dem im September offiziell verkündeten deutschlandweiten Abbauplänen von 13.000 Stellen. Trotz des Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen bis 2027, wird nun selbst diese Vereinbarung von der Geschäftsführung in Frage gestellt: hinter vorgehaltener Hand wird aktuell von einem Abbau von 22.000 Stellen gesprochen – ein absolutes Novum bei Bosch.

Diesen Zustand nehmen die Beschäftigten bei Bosch nicht kampflos hin: 36 Stunden zeigen die IG Metall Vertrauensleute, Beschäftigte und der Betriebsrat Präsenz gegenüber Tor 1 des Feuerbacher Standortes. Hier diskutieren die Beschäftigten mit Politiker*innen der demokratischen Parteien, der Presse sowie Delegationen aus Stuttgarter Betrieben über die Zukunft bei Bosch und der Industrie der Region Stuttgart.

Im Rahmen eines Pressegesprächs mit Vertreter*innen aus der Landes- und Kommunalpolitik bezogen die Geschäftsführung der IG Metall Stuttgart, (Gesamt-)Betriebsratsvorsitzende und Vertrauenskörperleiter namhafter Betriebe, wie Bosch, Porsche, Siemens, MAHLE, Mercedes-Benz, Coperion, Koenig & Bauer MetalPrint heute Stellung zu den umfassenden regionalen Stellenabbauprogrammen.

„Die Bundesregierung hat endlich mit einer Stimme gesprochen. Jetzt muss Europa mit den für Dezember angekündigten Vorschlägen der EU-Kommission nachziehen. Die europäische Automobil- und Zulieferindustrie benötigt dringend die richtigen Rahmenbedingungen über das Jahr 2035 hinaus, um diese Branche und ihre Arbeitsplätze in Europa zu erhalten. Dazu gehören eine realistische Marktperspektive für Plug-in-Hybride, Range Extender und erneuerbare Kraftstoffe über 2035 hinaus sowie europäische Local-Content-Maßgaben, die nicht auf Batterien beschränkt sind. Statt starrer Verbote kann das Ziel der Klimaneutralität auch erreicht werden, ohne dass eine komplette Branche aus Europa verschwindet. Lasst die Unternehmen in neue Technologien anstatt in Abbauprogramme investieren!“, fordert Frank Sell, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Robert Bosch GmbH. 
Bosch hat im September 2025 angekündigt, bis Ende 2030 rund 3.500 Mitarbeitende am Standort Feuerbach abbauen zu wollen. Mit der Mahnwache „Zukunftsschicht“ am Standort Feuerbach möchten wir Bosch auffordern, Verantwortung gegenüber der Region und ihren Menschen zu übernehmen. Wir fordern Sicherheiten für Arbeitsplätze und fordern unser Unternehmen auf, klar zum Standort zu stehen. Zukunftsgeschäft muss auch hier angesiedelt werden, sowie Menschen und Werke digital auf den technologischen Stand der Zeit gebracht werden“, so Sell weiter.

Boris Schwürz, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der MAHLE GmbH führt weiter aus: „Die geplanten Sparprogramme stellen unsere Kolleginnen und Kollegen bei Bosch sowie bei MAHLE vor enorme Herausforderungen. Wir als Betriebsrät*innen erwarten, dass wirtschaftliche Veränderungen nicht einseitig auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Zukunft entsteht nur dann, wenn Unternehmen, Politik und Gewerkschaften gemeinsam Verantwortung übernehmen – für nachhaltige Arbeitsplätze, für Qualifizierung und für eine Industrie, die den Wandel sozialverträglich und mit Zukunft gestaltet. Wir kämpfen mit der IG Metall dafür, dass nicht nur Kosten reduziert, sondern Perspektiven geschaffen werden“

Petros Kalakikos, Betriebsratsvorsitzender der Siemens Niederlassung Stuttgart, beschreibt die Situation bei Siemens wie folgt: „Siemens trifft die Strukturveränderung in der Zuliefer- und Automobilindustrie auch stark, da wir dort viele unserer Kunden haben. Der schon im letzten Jahr angekündigte Stellenabbau hat stattgefunden, soweit sozial verträglich unter Berücksichtigung der Demografie. Mit einer Transformationsvereinbarung hat das Unternehmen mit IG Metall und dem Gesamtbetriebsrat eine nach vorne gerichteter Perspektive geschaffen. Damit wird in Deutschland investiert und qualifiziert, zur Sicherung der Beschäftigung im Unternehmen. Wir als Betriebsräte erwarten jedoch, dass auch die Politik ihre Hausaufgaben macht, um unsere industrielle Basis nicht weiter zu gefährden.“

Ronny Schwarz, Betriebsratsvorsitzender des Maschinenbauunternehmens Koenig & Bauer MetalPrint betont die Relevanz betrieblicher Mitbestimmung – auch in Krisenzeiten: „Dort, wo wir als Betriebsräte Einfluss nehmen konnten, zeigen die Ergebnisse eindeutig Wirkung. Entscheidungen hingegen, die allein vom Arbeitgeber getroffen wurden, brachten unser Unternehmen wiederholt in schwierige Situationen. Das sollte zu denken geben!" 

Ibrahim Aslan, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Porsche AG betont die Notwendigkeit des solidarischen Handelns: „Die Entwicklungen bei Bosch und in der Branche machen uns tief betroffen. Sie sind ein alarmierendes Zeichen dafür, wie massiv der Strukturwandel unsere Region verändert. Jetzt ist die Zeit für Zusammenhalt und entschlossenes Handeln: Wir brauchen eine klare Strategie, damit sichere Arbeitsplätze nicht nur ein Versprechen bleiben. Unsere volle Solidarität gilt den Kolleginnen und Kollegen – wir stehen fest an ihrer Seite“.

„Die strukturelle Krise in der Automobilindustrie darf nicht für von langer Hand geplante Stellenabbauprogramme genutzt werden und die Zukunft tausender Beschäftigter gefährden. Jahrzehntelang haben die Betriebe vom Know-How der Beschäftigten profitiert und große Gewinne gemacht. Nun müssen die Beschäftigten für fatale Managementfehler büßen – das nehmen wir nicht hin. Unternehmerische Verantwortung gegenüber den Beschäftigten und der Region Stuttgart gilt auch in Krisenzeiten: Es gilt in Zukunftsprodukte zu investieren und damit in Beschäftigung – in Stuttgart und nicht im Ausland. Wir fordern nicht mehr und nicht weniger als, dass die Arbeitgeber ihrer unternehmerischen Verantwortung gerecht werden“, so Antonio Potenza, Geschäftsführer der IG Metall Stuttgart.

Die „Zukuftsschicht“ endet am 4.12.25 mit der symbolischen Beerdigung der Feuerbacher Arbeitsplätze und der Unternehmenswerte. Andreas Koelpin, Betriebsrat und Vertrauenskörperleiter am Standort Feuerbach zu dieser Aktion: „Wir stehen hier, um die BOSCH Familie, die Stiftung und die Arbeitgeber im Aufsichtsrat daran zu erinnern, dass Robert Bosch eine Kultur geschaffen hat, die auf gegenseitigen Respekt, Fairness Offenheit, Vertrauen und Verantwortungsbewusstsein basiert. Diese Kultur wird immer mehr durch die Worte „Ebit“ und „betriebsbedingte Kündigungen“ ersetzt und somit viele dieser Werte durch die Geschäftsleitung beerdigt. Aufgrund dessen beerdigen wir am 04.12.2025 symbolisch diese Werte und den Abbau von zehntausenden Arbeitsplätzen.“  

Fotos des Pressegesprächs können honorarfrei unter Angabe der „Bildquelle: Julian Rettig“ verwendet werden.

Fotos der symbolischen Beerdigung stehen ab dem 4.12.25 um 19 Uhr zur Verfügung und können ebenfalls honorarfrei unter Angabe der „Bildquelle: IG Metall Stuttgart“ verwendet werden.